Die Nervosität ist Ina* deutlich anzusehen: Sie hat knallrote Wangen und hektische Flecken am Hals. Im neu eingerichteten Pflegesimulationsraum unserer Schule sitzt die Schauspielerin Helga Lang (62) als alte Frau verkleidet in einem Fernsehsessel und spielt eine Demenz-Patientin. Ina soll sie 20 Minuten lang zu ihrer Biografie befragen. Der größte Stressfaktor: Im Nebenraum sehen Berufsschullehrerin Anya Seidelmann und zwei Mitschüler*innen hinter der verspiegelten Scheibe zu und beurteilen Inas Verhalten.

Die Aufregung ist einfach zu groß. Ina macht Fehler, vergisst wichtige Dinge und ärgert sich hinterher. Doch das macht nichts. Im Gegenteil: „Die Schüler*innen sollten jede Gelegenheit nutzen, um sich dieser Herausforderung zu stellen, denn Üben bringt Sicherheit“, sagt Anya Seidelmann.

Simulation des Berufsalltags schafft Praxis

Die drei Simulationsräume, die sogenannten Skills-Labs, sind wie ein Patientenzimmer in der Klinik, wie in der stationären Langzeitpflege oder wie in der ambulanten Pflege ausgestattet und bilden drei verschiedene Praxissituationen ab: Assistenz beim Mittagessen, das Beratungsgespräch mit den Angehörigen und das Gespräch zur Biografie mit dem Demenzkranken. Die Übungen finden in kleinen Gruppen statt und werden im Nachgang besprochen.

„Pro Ausbildungsjahr und Ausbildungsgang wird es zwei Simulationsübungen geben“, erklärt Anya Seidelmann, die als Beauftragte für Medienkompetenzentwicklung die Skills-Labs eingerichtet hat. „Drei verschiedene Settings mit drei Schauspielerinnen laufen jeweils parallel. Pro Klasse können sich hier 18 Menschen als Pflegekraft in der Kommunikation ausprobieren.“

Feedback-Gespräche helfen, sich selbst zu reflektieren

Im Anschluss geben die Schauspielerinnen den Pflegeschüler*innen 15 Minuten lang Feedback, wie sie sich während der Übung gefühlt haben. Auch das ist eine wertvolle Erfahrung für die Auszubildenden. Anya Seidelmann gibt ihnen wenig später das zweite Feedback, das sogenannte Debriefing.

Im Krankenzimmer nebenan findet kurz darauf ein anderes Setting statt. Hier soll Pflegeschüler Rami Alhraki einer Bewohnerin des Pflegeheims beim Essen assistieren. In ihrer Rolle wirft Helga Lang ein Glas um, greift mit der Hand ins Essen und riecht daran. Der 24-Jährige lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, bleibt freundlich und unterstützt, wo er kann – geschafft! Rami hat das Training viel Spaß gemacht und er freut sich schon aufs nächste Mal.

*Name geändert